Männer dürfen wieder galant sein

Freitag, 27. April 2012

Die Schauspielerin setzt auf Feminismus. Der Begriff hat für sie etwas mit femin zu tun. Überhaupt hat sie zu gesellschaftlichen Konventionen zuweilen unkonventionelle Ansichten.
War Hochzeit für Sie je ein Thema?
Suzanne von Borsody: Ich bin seit - ich weiß nicht wie vielen – Jahren glücklich verlobt (lacht).
Und dabei wollen Sie es belassen…
Suzanne von Borsody: Ach nee, irgendwann werden wir es schon angehen, aber nicht zwischen Tür und Angel. Das Heiraten läuft uns ja nicht weg. Ich bin da nicht so voreilig wie meine Film-Tochter, die nach drei Wochen schon ihre große Liebe heiraten will.
Sie spielen in dem Film eine Hippie-Mutter. Was bedeuten Ihnen Konventionen?
Suzanne von Borsody: Werte und Traditionen bedeuten mir viel. Wenn konventionell gleich spießig ist, mag ich’s nicht. Konventionen können eine bloße Attitüde sein. Aber so lange sie mit sozialen Werten verbunden sind, sie zwischenmenschliche Beziehungen unterstützen und sie einem und dem anderen gut tun, bedeuten sie mir viel.
Der Mann hält der Frau die Tür auf, hilft ihr aus dem Mantel…
Suzanne von Borsody: Es hat sich in den letzten Jahrzehnten Gott sei Dank eine Menge im Hinblick auf Frauen-Rechte getan. Natürlich gibt es viele Frauen, die sagen, das kann ich allein, aber auch der Feminismus hat sich verändert. Feminismus hat ja auch etwas mit feminin zu tun. Eine Frau, die sich in den Mantel helfen lässt oder der man die Tür aufhält, ist nicht schwach oder hilflos. Männer dürfen also wieder galant sein. Ich genieße das.
Haben Sie sich in irgendeiner Phase Ihres Lebens bewusst gegen Konventionen gestemmt?
Suzanne von Borsody: Na klar. Zum Beispiel passten runtergelatschte Jeans damals, als ich noch ein Teenager war, nicht ins Bild.
Bezeichnen Sie sich selbst als tolerant?
Suzanne von Borsody: Ja, doch. Obwohl ich meine Meinung auch äußere. Man kann ja Kompromisse eingehen.
Konventionen sind eine Geschichte, fremde Traditionen eine andere. Wie gehen Sie damit um?
Suzanne von Borsody: Man sollte sich als Gast in einem anderen Land nicht wie die Axt im Walde aufführen. Man sollte sich den Traditionen fügen, die dort angesagt sind.
Das funktioniert im Film aber nicht so richtig.
Suzanne von Borsody: Na gut, das ist aber mit einem Augenzwinkern erzählt. Meine "Theresa" will ihre Tochter davon abhalten, den gleichen Fehler zu machen, den sie gemacht hat. Aber man kann anderen Menschen nicht abnehmen, Erfahrungen selbst zu machen. Man kann nur Ratschläge geben und hoffen, dass der Rat angenommen wird. Aus Kinder-Perspektive ist es so: Man muss nicht alles selber machen, auch wenn man sich dagegen wehrt, Ratschläge anzunehmen.
Der Film bringt eine deutsche und kroatische Familie zusammen. Sie selbst verstehen sich als überzeugte Europäerin.
Suzanne von Borsody: Mir ist egal, was jemand darstellt. Mir ist egal, welche Hautfarbe oder Religion jemand hat. Mit ist wichtig, wie jemand handelt. Ich sehe, beispielsweise, bei Freunden nicht, aus welchem Land sie kommen oder wie alt sie sind, sondern, ob sie traurig sind oder müde. So bin ich groß geworden, meine Mutter ist so, mein Elternhaus ist so.
Ihr Elternhaus war ein Haus der offenen Tür.
Suzanne von Borsody: Menschen aus aller Herren Länder gingen bei uns ein und aus. Mal waren Leute aus der Sowjetunion da, als der Eiserne Vorhang noch bestand, mal aus Japan, aus Afrika oder sonst wo. Für mich war das nichts besonderes, für mich war das normal.

Das Interview führte Jürgen Overkott