"Wenn wir es Liebe nennen würden, das zwischen uns, dann wäre das Ganze
ein bisschen erträglicher", charakterisiert Kate ihre Beziehung mit
David, der die gemeinsame Ehe als "Privatinferno" bezeichnet. Beide sind
sie dem Suff zugetan, einmal kriecht er auf dem Fußboden in Richtung
Whiskyflasche, um die Klagelaute der "Kleinen" zu besänftigen - der
Eiswürfel, die in Kates geleertem Glas einsam klappern. Diese
burlesk-zerrütteten Szenen einer Ehe sind ein Stück im Stück, das
Richard (Guntbert Warns) und Lies (Suzanne von Borsody) in Maria Goos'
Tragikomödie "Der letzte Vorhang" (Regie: Tom Schenk) einstudieren, mit
dem das Renaissance-Theater Berlin im Pfalzbau gastiert.
Um die Premiere zu retten, kehrt Lies nach einer Dekade Bühnenabstinenz
zu ihrem langjährigen Schauspielpartner zurück - nachdem der
trunksüchtige und vom narzisstischen Glanz der eigenen Großartigkeit
berauschte Richard bereits drei andere Kolleginnen in die Flucht
geschlagen hat. Die Proben zu diesem namenlosen Stück (mit dem beide 30
Jahre zuvor die Theaterschule beendet hatten) werden zum Spielfeld der
Emotionen, zur Gelegenheit, die Beziehung zueinander zu rekapitulieren
und einst getroffene Entscheidungen infrage zu stellen - im Falle von
Lies diejenige, eine bürgerlich-mondäne Existenz an der Seite eines
Gynäkologen gewählt zu haben.
Verweis auf Burton / Taylor
Autorin Goos verweist mit den
Rollennamen auf Richard Burton und Elizabeth Taylor - im realen Leben
ein krisenerprobtes Paar und auf der Bühne wie im Film in Edward Albees
"Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" einander in Hassliebe zugetan. Warns
und von Borsody balancieren in der routiniert inszenierten Aufführung
in ausdrucksstarkem Spiel über die Abgründe vertaner Chancen, changieren
zwischen schmerzlich schwelenden Gefühlen und bedrohlicher
(Sehn-)Sucht. Gleichzeitig enthüllt uns "Der letzte Vorhang" aber wenig,
was Albee oder Literaten wie Charles Bukowski nicht schon über die
prekäre Psychologie zwischenmenschlicher Verbindungen gesagt hätten.Quelle: Mannheimer Morgen