Theater im Theater

Montag, 24. Februar 2014

Villingen-Schwenningen (tri). Wie viel Wandlungsfähigkeit verlangt das Stück "Der letzte Vorhang" der niederländischen Autorin Maria Goos von den zwei Darstellern! Die Produktion des Renaissance-Theaters Berlin überzeugte durch lebensechte Intensität. Für großartige schauspielerische Leistungen dankte das Publikum im Villinger Theater am Ring mit lang anhaltendem Applaus.

Theater im Theater: Die Hassliebe eines Paares soll aufgeführt werden; der anspruchsvolle, aber alkoholkranke Schauspieler Richard van Berkhoven (Guntbert Warns) verlangt viel von seiner Partnerin, und Suzanne von Borsody zeigt zunächst, wie die schlechte Schauspielerin Julianeke die Rolle erbärmlich schlecht spielt und dafür mit Schimpf und Schande gefeuert wird.

Aber zur Premiere in zwei Wochen braucht man eine andere, und Liz, die das Stück vor zehn Jahren mit Richard spielte, findet sich bereit - erstaunlich, wie sich Suzanne von Borsody mit einem Handgriff in eine völlig andere Frau verwandelt! Und sie spielt alle Schattierungen ihre Verhältnisses zu Richard: die kollegiale Zuneigung zu dem durch den Alkohol fast ruinierten Mann, eine reflektierte Liebe, aber vor allem ihre Leidenschaft zum Theater. Dem hatte sie vor zehn Jahren entsagt und einen wohlhabenden Gynäkologen geheiratet, mit ihm ein sorgenfreies bürgerliches Leben in einer Villa in Südfrankreich geführt; jetzt will sie ihre alte Leidenschaft für das Theater nicht länger unterdrücken. Und so sieht das Publikum die Eingangsszene ein zweites Mal - jetzt von einer hervorragenden Künstlerin großartig gespielt.

Aber das Spiel lässt sich vom wahren Leben nicht trennen: Wer steht ihr jetzt näher, ihr Partner oder ihr Ehemann, der Arzt? Jetzt ist es an Richard, den ihm verhassten Arzt und Kunstsammler spielend zu parodieren, dabei ganz in dessen Rolle zu schlüpfen. Als Richard und Liz miteinander abgehen, bleibt in der Schwebe, ob die alte Liebe zu neuem Leben erwacht ist.

Nach der Pause blendet das Stück um 30 Jahre zurück - betrunken nach gerade bestandenem Diplom, beschwingt im Liebesglück am Beginn einer 20 Jahre währenden spannungsreichen Partnerschaft. Aber Richard erfuhr nicht, dass Liz ein gemeinsames Kind verlor; seine selbstherrliche und unbeherrschte Art führte zur Trennung.

Und jetzt? Was ist Liebe? Das Programmheft zitiert Peter Handke: "Liebe sollte kühn machen und immer in Distanz bleiben, dem anderen Würde lassen. Eine heroische Distanz, die auch eine Art Verehrung des einen für den andren ist und gleichzeitig eine Art Strenge."

Im Wissen um Richards Schwäche lässt Liz ihn ziehen, ergibt sich der Verehrung des Arztes, gerade weil der verarmt und dadurch bescheiden geworden ist.