Suzanne von Borsody und Guntbert Warns glänzen in "Der letzte Vorhang"
© Foto: Barbara Braun |
Ein seltsames Paar geben sie wahrlich ab, die beiden Mimen Liesbeth
und Richard, die sich im Zweipersonen-Drama "Der letzte Vorhang" einer
an Spannung wie an Spannungen reichen Achterbahnfahrt der Gefühle
aussetzen. Ein geistreiches Stück über die Stärken und Schwächen,
Marotten und Macken, Höhen und Tiefen, die so manches Mimenleben prägen,
hat die niederländische Autorin Maria Goos da geschrieben.
Eindrucksvoll zur Geltung gebracht wurde das packende Schauspiel in
der Stadthalle Neusäß. Die Produktion des Renaissance-Theaters Berlin
hatte mit Suzanne von Borsody und Guntbert Warns zwei Darsteller
aufzubieten, die den Anforderungen ihrer komplexen Rollen geradezu
idealtypisch gerecht wurden. Liesbeth Tinberge (Suzanne von Borsody) und
Richard van Berkhoven (Guntbert Warns) lernten sich auf der
Schauspielschule kennen und lieben, waren mal – wie ihre berühmten
Kollegen Liz (Taylor) und Richard (Burton) – so was wie ein Traumpaar,
trennten sich dann aber wieder.
Bühnenstar Richard van Berkhoven wurde – wen wundert es bei einem
solchen Namen? – zum hochbegabten, aber egozentrischen Zyniker und
Alkoholiker. Liesbeth hingegen verließ die Bühne und heiratete einen –
materielle wie emotionale Sicherheit versprechenden – Gynäkologen. Aber
als es darum geht, die Premiere eines Theaterstücks zu retten, das einst
ihre und Richards Karriere begründet hatte, springt Liesbeth ein und
ersetzt die von Richard genussvoll vergraulten Kolleginnen. Was folgt,
ist ein hochemotionaler, verbaler Schlagabtausch, der etliche Wunden
aufreißt, Wehmut, Ängste und Selbstzweifel zum Vorschein bringt und
natürlich auch alte Gefühle neu entflammen lässt. "Wir sind die
emotionale Elite", verkündet Richard zwischen diversen Schnäpsen und
Zigaretten, während Liesbeths Einstellung zum Schauspielerberuf deutlich
nüchterner ausfällt: "Wir sind nur dressierte Affen, die funktionieren
müssen. Die Autoren, das sind die Schöpfer." Etliche Zigaretten und
Schnäpse später können sich Liesbeth und Richard über eine gelungene
Premiere freuen, aber ihre Wege werden sich wieder trennen.
Das auf 100 hochgradig unterhaltsame Minuten verdichtete Stück
(Regie: Antoine Uitdehaag) mit seinen vielfältigen Einblicken in die
komischen wie tragischen Seiten des Schauspielerdaseins kam in Neusäß
bestens an. Wie Richard und Lies sich bekriegen und befrieden, fluchen
und flirten, raufen und saufen, wurde durch das facettenreiche,
mitreißende Spiel der beiden Vollblutschauspieler Suzanne von Borsody
und Guntbert Warns zum nachhaltigen Bühnenerlebnis. Ihre immense
Wandlungsfähigkeit demonstrierten sie nicht nur in den anspruchsvollen
Hauptrollen.
Die aus zahlreichen Fernsehrollen bekannte Schauspielerin glänzte
auch in den Parts der von Richard rausgeekelten Darstellerinnen, während
ihr Bühnenkollege auch als Liesbeths Gynäkologen-Gatte eine
überzeugende Figur abgab. Große Schauspielkunst also, die mit
euphorischem Applaus honoriert wurde – und mit einer stattlichen Anzahl
an Vorhängen.
Quelle: Augsburger Allgemeine