In der ZDF-Komödie "Das Kloster bleibt im Dorf" (Donnerstag, 24.
September, 20.15 Uhr) spielt Suzanne von Borsody eine Priorin, die
versucht, sich gegen den Verkauf "ihres" Klosters aufzulehnen.
"Kämpferisch" gibt sich von Borsody auch im echten Leben.
Aufgewachsen als Tochter des Schauspielerpaares Rosemarie Fendel und
Hans von Borsody (beide 2013 verstorben) lernte sie früh, sich gegen
Obrigkeiten aufzulehnen und für Gerechtigkeit einzusetzen. Für ihr
soziales Engagement - unter anderem als UNICEF-Botschafterin - erhielt
sie den ARD-Medienpreis "Brisant Brillant".
Sie steht seit 1964 auf der Bühne und vor der Kamera und ist seit
2014 mit ihrem langjährigen Partner Jens Schniederharn verheiratet. In
Köln sprach sie mit RNZ-Mitarbeiterin Liane Rapp.
Ein Kloster, was für ein Ort ist das für Sie?
Ein Rückzugsort, an dem du nicht viel brauchst. Du brauchst deinen
Kopf, aber zum Anziehen nicht viel. Und du machst dich frei von
weltlichen Bedürfnissen. Oder versuchst es zumindest.
Könnten Sie sich vorstellen, mal eine Woche oder länger dort zu sein?
Nein. Um runterzukommen, fahre ich lieber ans Meer und gucke ins
Blau. Da erlebe ich dann meinen meditativen Zustand. Das ist ja meist
das Ziel, warum viele für eine kurze Zeit lang ins Kloster gehen. Es sei
denn, sie bekennen sich wirklich dazu, die klösterlichen Grundlagen und
Gesetzmäßigkeiten zu leben mit Stundengebeten, Glaubensbekenntnissen,
Gelübden und Gelöbnissen. Das ist aber nicht meins.
Manche suchen hinter den Mauern sich selbst, manche haben
panische Angst, allein bei der Vorstellung, dort zu sein - zu welcher
Gruppe gehören Sie?
(lacht) Manche haben auch Angst vor Sonn- und Feiertagen,
weil ihnen da die Ablenkung vom Ich fehlt. Nein, ich gehöre zu keiner
dieser Gruppen. Ich hinterfrage mich, meine Handlungen und
Nicht-Handlungen im sozialen Kontext einfach so und ganz normal in
meinem Alltag. In Gesprächen oder beim Lesen von Büchern weiser
Menschen. Man muss sich nur die richtigen Fragen stellen, uneitel und
ohne eine Märtyrerhaltung oder Opferrolle. Das kann man auch außerhalb
des klösterlichen Lebens tun.
Welchen Weg gehen Sie zur "inneren Einkehr"?
Ich führe Gespräche mit Seelsorgern und guten Hirten, deren
Erfahrungen und Meinungen mich interessieren. Diese Gespräche genieße
ich sehr. Aber ich bin keine Sonntagskirchgängerin. Ich glaube nicht an
eine weltliche Instanz, die von oben abgeordnet ist. Ich glaube an Gott,
aber er oder sie oder es kann auch Allah, Dio oder wie auch immer
heißen. Ohne, dass ich den Talmud oder den Koran jetzt durchgearbeitet
habe, weiß ich, dass es viele Parallelen gibt zur Bibel, was das
grundsätzliche Miteinander betrifft. Werte wie Nächstenliebe und
Gastfreundschaft sind mir wichtig. Das wird in all diesen Religionen
großgeschrieben.
Worin sehen Sie dann die Gefahr?
Bedrohlich sind die weltlichen Führer, die diese Schriften zum Zweck
ihrer Machterhaltung ge- und missbrauchen. Sie nutzen oft die
Leichtgläubigkeit der Menschen aus, die nur allzu leicht bereit sind,
Verantwortung und Führung abzugeben, um nicht selbst denken zu müssen.
Deshalb glaube ich an einen Satz, der da lautet: Hilf dir selbst, dann
hilft dir Gott. Es gibt ja einen Grund, warum wir ein Hirn haben.
Das heißt, Sie sind gläubig, gehen aber nicht in die Kirche?
Doch, ich gehe schon von Zeit zu Zeit in Kirchen und lasse diesen
Raum auf mich wirken, egal, ob da gerade Menschen sitzen und beten oder
nicht. Das ist schon ein guter Raum, um Dinge zu hinterfragen. Ein Ort,
um zur Ruhe zu kommen, mich zu sammeln. Es ist doch toll, dass da ganz
unterschiedliche Menschen zusammensitzen, zusammen in eine Richtung
gucken und die gleichen Worte sagen. Das hat einen großen Sog, eine
große Verführung - es kommt halt immer darauf an, was für Botschaften
verkündet werden.
Beten Sie denn?
Ich bedanke mich, ja. Denn ich denke, dass es nicht
selbstverständlich ist, dass es uns gut geht. Und da sag ich Danke. Und
auch, wenn es mir nicht gut geht, wende ich mich an Gott. Aber ich habe
keine gesetzten Rituale. Ich glaube auch, dass wir hier alle zu Besuch
sind und irgendwann zurück in ein großes Ganzes gehen, und dass es schön
ist auf der anderen Seite.
Im Film "Das Kloster bleibt im Dorf" spielen Sie eine
Priorin, deren Kloster vom Bischof verkauft werden soll und die sich
dagegen auflehnt.
Na ja, im Film geht es darum, dass sie den Verkauf infrage stellt,
aber in erster Linie doch sich selbst und ihre Rolle. Sie sagt ja, es
gehört viel Mut dazu, Nein zu sagen, wenn alle anderen Ja sagen. Das
kann ich gut nachvollziehen. Es ist schwer, anderer Meinung zu sein.
Aber wenn man dahinter steht, muss man auch seinen Standpunkt vertreten.
Das mache ich jedenfalls so.
Eine Mediatorin soll im Film die Wogen glätten bei den
Nonnen. Sie sagt: Nur, wer loslässt, hat die Hände frei für Neues. Sehen
Sie das genauso?
Ann-Kathrin Kramer spielt die Rolle der Gegenspielerin à la Gott und
Teufel. Das ergibt schon einen Sinn, was sie sagt. Dennoch: Ich
persönlich tue mich manchmal schwer mit dem Loslassen. Aber ich versuche
es immer wieder.
Wann haben Sie sich denn das letzte Mal gegen die Obrigkeit aufgelehnt?
Beim letzten Film erst. Wenn es um die Wahrheitsfindung und um Gerechtigkeit geht, dann bin ich kämpferisch.
War das immer schon so, sind Sie damit groß geworden?
Ach, ja, irgendwie schon. Ich bin ja in einer sehr
widerspruchfreudigen Familie groß geworden. Ich erinnere mich an eine
Situation, als meine Mutter in Frankfurt-Höchst wohnte, und Mitglieder
der wirklich sehr netten türkischen Nachbargemeinde einen Banner über
die Straße hängten mit der Aufschrift "Nazis raus". Da ist sie hin und
hat gesagt: Nein, so geht das nicht, wo sollen die denn hin, wer will
die denn haben? Ihr müsst was dafür tun, dass die gar keinen Platz in
unserer Gesellschaft haben und, dass die anfangen, anders zu denken.
Machen Sie sich für eine Willkommenskultur stark?
(atmet tief durch) Das ist etwas, damit schlafe ich ein und
damit wache ich auf und zwischendurch fällt es mir immer wieder ein. Es
macht mir große Sorge. Es werden immer mehr arme verfolgte Menschen
kommen, die mit dem Gefühl aufgebrochen sind, "etwas besseres als den
Tod finden wir überall". Ob es nun der Bürgerkrieg ist, vor dem sie
fliehen oder das Klima - es werden ja immer mehr, und wir müssen
anfangen, umzudenken, miteinander zu reden. Es sind Menschen mit Glaube,
Liebe, Hoffnung im Herzen wie wir. Wir müssen, um sie zu integrieren,
ihnen Aufgaben geben. Und wir müssen reden miteinander, auch um die
Angst vor dem "Unbekannten" zu verlieren.
Wie sehen Sie die Situation in Deutschland aktuell?
Es ist toll, wie viele Menschen in Deutschland spenden und großzügig
sind, an vielen Stellen helfen. Aber es gibt eben auch die andere Seite
und ich verstehe immer noch nicht, warum wir Unterschiede machen
zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen und Rassen. Wir sind doch
alle gleich. Ich kam zum Beispiel ins Gespräch mit einem
Laiendarsteller aus dem Film. Er ist gebürtiger Syrer, lebt schon einige
Jahre in Köln und sammelt mit seiner Familie sowohl für die Moschee als
auch für die Kirchengemeinden anderer Religionsgemeinschaften, weil er
sagt: Allah ... Gott ... ist doch egal, wie es oder er heißt, genauso
wie Bread und Brot dasselbe meinen. Da müssen wir wieder hinkommen.
Schließlich waren doch auch viele unserer Väter und Großmütter auf der
Flucht und mussten sich ein neues Zuhause suchen. Manch einer wurde
damals sogar zwangseingewohnt. Also müssten sie das doch nachvollziehen
und sich erinnern, wie das ist.
Haben Sie persönlich eine Strategie, wenn alles drum herum zusammenbricht?
Danke sagen. Danke sagen, dass alles zusammen gebrochen ist, ja,
wirklich. Denn dann scheine ich es in dieser Situation gebraucht zu
haben. Um zu verstehen, was wichtig ist. Einfach mal probieren, auch
wenn man noch nicht daran glaubt. Versuchen, die Situation anzunehmen
und das Beste daraus zu machen.
Quelle: rnz