Schon vor dem allerersten Wort von Suzanne von Borsody, vor dem ersten
Ton des Trios Azul, hallte Applaus durch den Werner-Richard-Saal. Ein
schöner Empfang für die bekannte Schauspielerin, die mit ihrer
Konzertlesung "Frida Kahlo" zum 100. Geburtstag des Herdecker
Stiftungsgründers Werner Richard am Montagabend Station an der
Wetterstraße machte.
"Ich lächelte. Weiter nichts. Und in mir wurde es hell." Mit diesem
Gedicht der 15-jährigen Frida eröffnet die Künstlerin den Abend - es
handelt von der Sehnsucht nach Liebe und der Angst, verletzt zu werden.
Begleitet werden ihre Worte von sanften südamerikanischen Klängen des
Musiker-Trios. Sie trägt Blumen im hochgesteckten Haar, Indioschmuck und
folkloristische Kleidung - ganz wie die berühmte südamerikanische
Malerin Frida Kahlo, die 1907 in Mexiko geboren wurde. Suzanne von
Borsody rezitiert Kahlos Gedichte, liest aus ihren Briefen, aus Notizen
und anderen Texten und lässt auf diese Weise das Publikum am Leben,
Lieben und Leiden dieser außergewöhnlichen Frau teilhaben. Wobei von
Borsody vielmehr spielt als liest - mit ausdrucksstarker Mimik,
gestenreich und mit der ihr eigenen sonoren Stimme. Sie spricht und
spielt - mal leidenschaftlich und liebevoll, dann wieder wütend,
verzweifelt, immer wieder auch witzig. Wort und Klang vereinen sich auf
der Bühne durch auf Leinwand projizierte Fotos und Bilder der Malerin
perfekt zu einem großen Ganzen.
So erfährt der Zuhörer bzw. Zuschauer von dem schweren Unfall, bei dem
Frida Kahlo im Alter von 18 Jahren schwer verletzt wird und in dessen
Folge sie über 30 Operationen über sich ergehen lassen muss. Er erfährt
von der kompromisslosen Liebe zu dem 20 Jahre älteren Maler Diego
Rivero, von ihren Fehlgeburten und von der großen Verzweiflung, als sie
erfährt, dass er ein Verhältnis zu ihrer Schwester hat und sie darüber
hinaus ständig belügt und betrügt. "Ich habe nichts, weil ich ihn nicht
habe, ohne ihn bin ich nur ein Stück Dreck", schreibt Frida Kahlo in
einem Brief an ein befreundetes Ehepaar. 1939 wird die Ehe geschieden.
Stehen bis zur Pause Liebe und Leben der Mexikanerin im Fokus der
Lesung, so richten sich die Scheinwerfer danach auf ihre Kunst und ihren
revolutionären Eifer, der sich nicht zuletzt in einer Liaison mit Leo
Trotzki offenbart. Weitere Affären begleiten Frida Kahlo, doch Rivera
lässt sie nicht los "Liebe mich nur ein kleines bisschen, ich bete Dich
an", bettelt sie in einem Brief um desen Liebe.1940 heiratet sie ihn ein
zweiten Mal. 1946 erhält sie den Nationalpreis von Mexiko.
In ihren Bildern verarbeitet und zeigt Frida Kahlo ihre körperlichen
Leiden - und nicht selten auch ihre Seelenpein. Schmerzen, körperlicher
Verfall, Alkohol und Depressionen begleiten ihre letzten Jahre. Am Ende
war, so erinnert Suzanne von Borsody, "die Malerei die Nabelschnur, die
sie noch mit dem Leben verband". 1954 stirbt sie - im Alter von nur 47
Jahren.
Am Ende des Lebens der bekanntesten Malerin Lateinamerikas endet die
Konzertlesung - nach begeistertem Applaus – mit einer Zugabe genau dort,
wo sie begann: mit dem Gedicht der 15-jährigen Frida. Ein feiner
Kunstgriff. Bravo!
Quelle: Der Westen