Suzanne von Borsody und das Trio Azul gestalten am
Samstag, 28. Mai, im Darmstädter Staatstheater eine multimediale
musikalische Lesung mit Texten und Bildern der Malerin Frida Kahlo
(1907–1954). Im Gespräch mit Echo erzählt die Schauspielerin über ihr Verhältnis zur Künstlerin und die Idee zur Lesung.
ECHO: Frau von Borsody, wer sich mit der Malerin Frida Kahlo
beschäftigt, landet immer wieder bei einem tragischen Lebenslauf. Solche
Mischungen von Werk und Person sind beliebt im Film, aber verpönt in
der Kunstgeschichte. Ist Kahlo da eine Ausnahme?
Suzanne von Borsody: Für mich ist es egal, ob diese Mischung ein Go
oder ein No-Go ist, zumal es in meiner Lesung nicht so sehr um Frida
Kahlo als Künstlerin geht. Mich interessiert sie einfach als Mensch und
Frau. Der Abend heißt ja auch: "Jetzt wo Du mich verlässt, liebe ich
Dich mehr denn je."
ECHO: Reduzieren Sie nicht zu sehr, wenn die Künstlerin Kahlo vor
allem zur Frau hinter den Briefen, Notizen oder Gedichten wird, die Sie
lesen?
Von Borsody: Ich glaube nicht, dass dieses Zur-Frau-Werden reduziert.
Der eigentliche Ausgangspunkt ihrer Kunst war doch ihr Unfall, von dem
sie gesagt hat, er habe sie zur Frau werden lassen. Erst danach hat sie
mit dem Malen begonnen. Frida Kahlo hatte dazu als Künstlerin die
Obsession, das einzufangen, was sie sah, und brachte auch eigene Symbole
mit ein. Sie ist eine Tagebuchmalerin.
ECHO: Kahlos Leben scheint Inszenierung durch und durch, wohl auch
als Schutz einer körperlich und intellektuell verletzten Persönlichkeit.
Warum konnte gerade sie zur Ikone des Feminismus werden?
Von Borsody: Sie hat nicht geklagt. Sie hat sich zwar beschwert, war
auch emotional hochbrausend, aber trotzdem ist sie ein Bild der
aufrechten Würde und des Durchhaltens. Sie war eine Frau, die drei
Kinder vor der Geburt verloren hat, dazu eine schwierige Ehe und viel
Liebhaber hatte, aber sie hat ihr Ding durchgezogen.
ECHO: Frida Kahlos Liebe ihres Lebens war der ewig treulose Ehemann
Diego Rivera. Möchten Sie ihr bei den Lesungen nicht manchmal zurufen:
Verlass ihn doch, besinn’ dich auf die eigenen Stärken?
Von Borsody: Ja, doch. Ich möchte ihr schon manchmal zurufen: Hör’
doch mal auf mit dem „Elefanten“ – das war sein Spitzname –, aber es
würde nichts nützen. Irgendwie ist das wie bei Elizabeth Taylor und
Richard Burton: Beide haben aus den Auseinandersetzungen auch Kraft
gezogen. Außerdem hatte Frida Kahlo selbst ja ebenfalls Liebhaber und
Liebhaberinnen. Wer weiß, vielleicht auch als Echo auf ihren Mann.
ECHO: Sie sind schon seit 2005 mit dieser Lesung auf Tour. Gab es über die Jahre Veränderungen an diesem Abend?
Von Borsody: Es gibt immer Veränderungen. Zum ersten Mal habe ich die
Lesung bei einer Schiffsreise präsentiert, damals war sie vier Stunden
lang, und es gab keine Musik. Vorher war der Aufwand riesig gewesen, und
ich war regelrecht zu Frau Professor Frida Kahlo geworden. Im Laufe der
Jahre habe ich dann reduziert, lese Text-Auszüge, auch eigene
biografische Zusammenfassungen. Manchmal lasse ich dabei etwas weg, oder
es kommt wieder etwas ins Programm hinein. Meine "Wäscheleine", an der
die Zuhörer sich orientieren können, ist aber immer wieder die Liebe.
Darauf konzentriere ich mich. Die nächste Idee, was sich verändern
ließe, ist auch schon da: Ich würde gern eine kurze bewegte Sequenz ans
Ende des Abends setzen, eine Originalaufnahme, die Kahlo beim Schließen
eines Fensters zeigt.
ECHO: Ihr Beruf ist die Schauspielerei. Ist der Kahlo-Abend auch mit Aktion verbunden?
Von Borsody: Ja, denn er ist keine klassische Lesung. Er ist ein
multimediales und multi-emotionales Erlebnis. Man sieht Bilder und Fotos
von Kahlo, hört ihre Texte mit meiner Interpretation, dazu kommt die
Musik. Ich spüre einem Menschen anhand von Briefen nach, begebe mich in
die Gefühlswelt der Schreiberin. Ich rutsche dabei einerseits sozusagen
in Frida hinein, bin an anderen Stellen aber auch nur Erzählerin.
ECHO: Zur Lesung spielt das Trio Azul lateinamerikanische Musik. Ersetzen da Boleros, Sambas, Bossa Novas die Farbe der Bilder?
Von Borsody: Sie ersetzen nichts. Ich komme vom Film, Fernsehen und
Theater und habe mir überlegt, dass Musik untermalen kann und emotionale
Akzente verstärkt.
ECHO: Wenn Sie für den eigenen Auftritt werben würden, was würden Sie sagen?
Von Borsody: Ich würde sagen: Kommen Sie rein, denn Sie gehen mit
mehr wieder heraus, als Sie reingegangen sind. Und speziell für Männer:
Dieser Abend ist nicht nur etwas für Frauen, aber Sie tun Ihrer Frau
einen Gefallen, wenn Sie sie begleiten, und werden dabei – ohne
erhobenen Zeigefinger – etwas lernen. Denn es gibt nach der Lesung viel
Gesprächsstoff über eine farbenfrohe, wilde, zauberhafte, lustige,
tragische, mutige und durchhaltende Person.
Quelle: Echo-Online