Von Brigitte Gaiser
Suzanne von Borsody und Guntbert Warns begeistern vor ausverkauftem Kurtheater Suzanne von Borsody und Guntbert Warns bescherten am Montag mit "Der letzte Vorhang" von Maria Goos dem Kurtheater ein volles Haus, den Zuschauern neben heiteren Momenten auch vieles zum Nachdenken
Bad Homburg. Als Lies und Richard trafen am Montag Suzanne von Borsody und
Guntbert Warns im Kurtheater zusammen in ihrer Rolle als Schauspieler,
die zwanzig Jahre lang erfolgreich zusammengearbeitet hatten, sich nun
aber seit zehn Jahren nicht gesehen haben.
Vor der Tiefgarage des Kurhauses kam es kurz vor Vorstellungsbeginn
zu Staus, da eine weitere große Veranstaltung im Kurhaus noch nicht
geendet hatte; außerdem dürfte die Sperrung der Haingasse ihr Übriges
zum Verkehrsaufkommen getan haben. Immerhin: Ins ausverkaufte Kurtheater
schafften es die Besucher dann doch noch pünktlich.
Mit Piepsstimmchen agierte Lies auf dem Ledersofa umher, ahmte
karikierend Richards vorige Bühnenpartnerin nach und war noch nicht
entschlossen, Richard zu helfen. Er hatte weitergespielt, im Laufe der
Jahre aber immer mehr schlecht als recht. Alkohol und Größenwahn hatten
ihn so unleidlich gemacht, dass er die letzten beiden Darstellerinnen
vergrault hatte und nun vor dem Ruin stand.
Sie hatte damals ihre Karriere abgebrochen, einen gut verdienenden
Arzt geheiratet und lebte mit ihm an der Côte d’Azur. Nur Lies konnte
ihn jetzt noch retten, hatten sie doch ihren Abschluss an der
Schauspielschule damals mit Furore eben mit diesem Stück gemacht. Noch
war sie nicht entschlossen, ihm aus der Patsche zu helfen.
Große Schauspielkunst zeigten von Borsody und Warns, wenn sie
scheinbar mühelos von einer Ebene in die andere des von der Autorin
Maria Goos raffiniert komponierten Stückes wechselten. Sie loteten sich
gegenseitig aus in der aktuellen Befindlichkeit, tauchten ein in
Erinnerungen an die gemeinsame Arbeit, an schöne Momente. Was damals
unbewältigt war, brach jetzt auf, es gab Vorwürfe, Attacken und auch
blanke Eifersucht seinerseits auf das bequeme Leben der reichen
Arztgattin. Die kläglichen Versuche, zurückzukehren zum Anlass ihrer
neuerlichen Begegnung, nämlich an ihren Rollen zu arbeiten, nachdem Lies
endlich ihre Zusage zur Mitwirkung gegeben hatte, scheiterten jeweils
nach kurzen Anläufen. Die Spannung war zu groß.
Ohne weitere Kulisse, nur zwischen Ledersofa und Tisch, mit nichts in
der Hand außer mal einem Glas, einer Flasche, Zigarette oder
Tablettenschachtel, verstanden es von Borsody und Warns, den
Spannungsbogen unentwegt immer weiter aufzubauen. Außer in einer kurzen
Affäre hatten sie ihre Zuneigung nicht gelebt. Hatten sie sich damals
richtig entschieden?
Die Premiere war vorüber. Richard fühlte sich durch den Mann in der
dritten Reihe so gestört, dass er schließlich nicht mehr mit seiner
Partnerin auf der Bühne stand, sondern mit dessen Frau. Lies wollte,
dass er mit zur Premierenfeier kommt. Er musste noch Zigaretten holen.
Sie: "Geh nicht weg - es war doch schön." Er: "Eben." Die Tür fällt ins
Schloss. Warns kommt mit gelbem Pullover über den Schultern als Lies’
Ehemann mit Blumen und nimmt seine Gattin mit. Tosender Beifall für
diese große Leistung.