Leid und Leidenschaft in Bremen

Dienstag, 21. Januar 2014

"Ach, Bremen", seufzt Suzanne von Borsody beim Blick in den vollbesetzten Saal der Glocke. Bereits vor 30 Jahren habe sie hier in Bremen auf der Bühne gestanden. In Lessings "Minna von Barnhelm". Jetzt ist die Schauspielerin mit ihrem Frida-Kahlo-Abend zu Gast. An ihrer Seite hat sie das Trio Azul (Gitarre, Kontrabass, Perkussion), das dezent mit lateinamerikanischen Rhythmen die Texte von Frida Kahlo ausleuchtet und nur gelegentlich bei dramatischen Stellen energischer auftrumpft.
Die mexikanische Malerin Frida Kahlo ist sicherlich in der übrigen Welt die bekannteste Künstlerin ihres Landes, und das auch, weil ihr Weg ein so schmerzensreicher war. Ältere Bremer Theatergänger werden sich noch an Johann Kresniks Stück über die Malerin aus dem Jahr 1992 erinnern, bei dem die Stange, die die 17-jährige bei einem Unfall durchbohrte, wie ein Menetekel über dem Abend schwebte. Filmfans dagegen mögen sich an den Film "Frida" aus dem Jahr 2002 erinnern. Während dieser sich ganz auf die wildromantische Liebesgeschichte zwischen Frida und dem berühmten mexikanischen Freskenmaler Diego Rivera konzentrierte, blättert Suzanne von Borsody das ganze, kurze Leben der Künstlerin auf, die kurz nach ihrem 47. Geburtstag starb.
Suzanne von Borsody wechselt dabei immer wieder die Rollen: Einerseits ist sie die distanzierte, dabei durchaus emphatische Biografin, die die Lebens- und Leidensstationen der kleinen, zarten Frida Kahlo aufsucht, andererseits schlüpft sie gestenreich - ganz Schauspielerin - in die Rolle der Malerin, wenn sie deren Briefe liest, offenbart dabei die verspielte, mal lakonische, oft ironische, vielfach auch überaus schnoddrige, aber immer übergroße Lebenslust der Malerin, die erst kurz vor ihrem Tod eine erste Einzelausstellung ihrer Werke bekam. Natürlich ließe sich das bewegte Leben Frida Kahlos auch ohne ihre Bilder erzählen, weitaus besser funktioniert es aber mit diesen. Und so ergänzen Projektionen von Gemälden und Fotografien überaus hilfreich den Abend, lassen plastisch werden unter welchen Schmerzen sie, die in ihrem Leben über dreißig Mal operiert werden musste, im Stahlkorsett gemalt haben muss, zeigen auch die "Amour fou" zwischen Frida Kahlo und dem Frauenhelden Diego Rivera auf, von dem sie nie lassen konnte und den sie zweimal heiratete. Zugleich zeigt der Abend die Widersprüchlichkeit Frida Kahlos auf, die sich von den Surrealisten abgrenzte ("Scheiß-Surrealisten" heißt es in einem Brief), andererseits aber sichtbar von ihnen beeinflusst ist. Ein zutiefst beeindruckender Abend über eine große Malerin, der deutlich macht, dass Kunst oft nur unter Schmerzen geboren wird.

Quelle: Weser Kurier