Suzanne von Borsody stimmt mit zauberhafter Lesung im Konzert Theater auf Weihnachten ein

Montag, 30. November 2015

Coesfeld. Mit einem sehr herzlichen Lächeln betritt Suzanne von Borsody die Bühne und lauscht, auf einem Hocker sitzend, versonnen den Klängen des "Trio Amanti Della Musica", das diesen hinreißenden Abend musikalisch eröffnet. Hinreißend, weil hier eine herzerfrischende, fein gezeichnete Geschichte von Elke Heidenreich ("Erika, oder der verborgenen Sinn des Lebens") auf eine charismatische Schauspielerin trifft, die mit wandelbarer Stimme, vielsagenden Gesten und sprechender Mimik köstliche Bilder in die Köpfe des Publikums malt. Dazu eine Musikbegleitung, die alle Stimmungen des Textes aufnimmt.
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Im Mittelpunkt steht Erika, ein fast lebensgroßes rosa Plüschschwein, das vertrauensvoll und mit einer Art gelassener Pfiffigkeit in die Welt schaut. Für Betty wird diese rosa Sau zu einer Art Katalysator, der Türen öffnet und ihrem Leben eine neue Richtung gibt. Die geschiedene, völlig erschöpfte Frau hat nach einem "schrecklichen Jahr", das Gefühl, als hätte sie "zu leben vergessen". Da erreicht sie kurz vor Weihnachten, als letzte Rettung, der Anruf ihres ebenfalls geschiedenen Ex Franz, der sie nach Lugano einlädt, um dort gemeinsam das Fest zu verbringen. Auf der Suche nach einem Geschenk stößt sie in Berlins "KdW" auf Erika. Gemeinsam machen sie sich auf die Reise, die natürlich eine unerwartete Wendung nimmt.
Borsody breitet den Facettenreichtum dieses Textes mit so viel Gespür für Nuancen wie Freude an den humorvollen Feinheiten vor dem Publikum aus, dass dieses nicht anders kann, als verzückt zu lauschen. Immer, wenn die Geschichte des rosa Schweins, das jeder anfassen und streicheln möchte, zu plüschig werden könnte, schleichen sich nachdenkliche Momente ein. Etwa im "KdW", wo Betty vor einer Masse an Senfgläsern steht. Die Musiker stimmen "Ihr Kinderlein kommet" an und Borsody singt den Text: "Die Welt steht in Flammen, es ist Krieg, Millionen sind auf der Flucht, die Kinderlein sterben auf den Straßen und Berlin wählt unter 100 Sorten Senf". Klasse, wie Weihnachtslieder und bekloppte Senfabteilung eine absurde Symbiose eingehen.
Oder im Wartebereich des Flughafens, wo Erika die gedrückte Stimmung verändert. "Nehmt das verkitschte Jesuskind aus der Krippe und legt ein lebensgroßes Schwein herein und ihr werdet ein Wunder erleben", liest Borsody.
Wunderbar passend die musikalische Begleitung des Trios mit Querflöte (Willy Freivogel), Klarinette (Rainer Schumacher) und Gitarre (Siegfried Schwab). Immer wieder streuen sie kleine Stücke ein, würzen die Reise nach Italien augenzwinkernd mit passenden Schlagern, wie "Azzurro", nehmen melancholische Stimmungen mit eigenen Kompositionen auf (Schwab) und scheuen auch nicht vor Opernpartituren zurück. "Das war eine richtig runde Sache", freut sich eine Zuschauerin. "Jetzt kann es ruhig Weihnachten werden." Danke, liebe Suzanne von Borsody, für diese zauberhafte Einstimmung.

Quelle: Ursula Hoffmann