Sternstunde im Rüsselsheimer Stadttheater

Donnerstag, 27. Februar 2014

RÜSSELSHEIM - Hoppla! Wer hat denn da sein glücklich kuratierendes Händchen über das Stadttheater gehalten? Am Montag erlebte das Haus einen geradezu perfekten Abend. Und der war absehbar: Denn das Berliner „Renaissance Theater“ bescherte der Rüsselsheimer Spielstätte schon früher mit dem „Krawattenclub“ (Hauptrolle: David Bennent) und der Komödie „Alte Freunde“ (Hauptrolle: Rufus Beck) seltene Sternstunden. Schon die „Alten Freunde“ waren von der Niederländerin Maria Goos verfasst worden, die nun wieder als Verfasserin von „Der letzte Vorhang“ zu nennen ist.

Vollblut-Schauspieler
Dazu kommt: In seiner schwersten Stunde seit 45 Jahren durfte die von Schließung bedrohte Spielstätte einen im doppelten Sinne "süffigen" Eindruck davon vermitteln, wie sich "Theater" anfühlt und was es bedeutet. Zum einen standen mit Suzanne von Borsody und Guntbert Warns Vollblut-Schauspieler auf der Bühne, deren Handwerk auch aus einer gehörigen Portion Körperlichkeit besteht. Zum anderen wird in diesem Stück ungeheuer viel getrunken...

"Der letzte Vorhang" beschreibt die Begegnung zweier Theaterschauspieler, ein Mann und eine Frau, die sich nach zehn Jahren wieder treffen, um eine vom Scheitern bedrohte Produktion zu retten. Er bestimmt die Lage, dabei ist er, dem Alkohol zugetan, der Labilere der beiden. Er ist auch Kern des Problems, denn Jahre der berufsbedingten Selbstaufgabe und des professionellen Selbstbetruges haben ihre Spuren hinterlassen. Seine Partnerin hat sich unterdessen in die spießbürgerliche Sicherheit einer Ehe begeben. Doch in ihrem Inneren brodelt weiterhin die Sehnsucht nach einem bohemehaften Leben und lässt sich von der Chance auf einen revoltierenden Ausbruch locken.

Diese relativ simple Geschichte breitet sich auf grandiosem Boden aus. Denn Regisseur Antoine Uitdehaag lässt seine Schauspieler tun, was sie am besten können: Spielen. Der ihren Erinnerungen zugrunde liegende Wechsel der Zeiten wird in der Aneinanderreihung vieler kleiner Schlüsselszenen, die sich rund um das "Bühnenbild" eines schweren Ledersofas entfalten, spielerisch verdichtet. Hier können die Darsteller ihre ganze Klasse zeigen. Denn unterschiedliche Zeiten beschreiben unterschiedliche Verfassungen der beiden Hauptpersonen. Nichts ist so, wie es eben gerade noch war: Dieser Bühnen-Zeitraffer verlangt von seinen Protagonisten einen ständigen Wechsel der Stimmungen ab. Dies verlangt aber auch vom Zuschauer ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit. Und es war das I-Tüpfelchen auf diesem gelungenen Theaterabend, dass sich das nahezu ausverkaufte Rüsselsheimer Theater wunderbar auf die Vielschichtigkeit dieser Inszenierung einlassen konnte.

Letztlich entwickelten Suzanne von Borsody und Guntbert Warns das Lebensgefühl des Künstlers als leidenschaftlicher Außenseiter, in dem sich die alltägliche Tristesse des Daseins zum dramatischen Ausdruck steigert. Diese Bühnenkünstler leiden stellvertretend für alle zurückgenommenen Vernunftmenschen im Parkett - auch dies ist ein Aspekt, den es zu bedenken gilt, wenn Politiker über die Theater-Schließung nachdenken.

Das Rüsselsheimer Publikum verstand sehr wohl, was es da miterlebte. Und die Sensiblen im Saal empfanden es wohl als Geschenk, vielleicht gar als Opfer, wie genau ihnen hier die Alternative eines Lebensentwurfes vorgespielt wurde. Alle zusammen dankten mit herzlichem, wohlwollenden Applaus.

Quelle: Main-Spitze

Eine Beziehung, die so eng wie zerstörerisch ist

Großartiges Schauspiel in Lahr.
LAHR. Das Leben von und mit der Schauspielkunst ist kein leichtes. Einfühlung, Sensibilität sind gefordert, aber auch Durchsetzungsvermögen und Ehrgeiz. Der Preis, den leidenschaftliche Hingabe an die Kunst fordert, ist hoch. Die Diskrepanz zwischen hehrem Kunstanspruch und dem ganz alltäglichen menschlichen Dasein, zwischen der Sehnsucht nach Sicherheit und Zufriedenheit und dem Streben nach Erfüllung in der Kunst thematisiert Maria Goos in ihrem Theaterstück "Der letzte Vorhang", das am Dienstagabend in der Lahrer Stadthalle aufgeführt wurde.

Das Stück ist keinem Genre zuzuordnen. Es ist komisch und tragisch zugleich, Psychodrama und Boulevard. Diese Bandbreite an emotionalen Klangfarben können nur sehr gute Schauspieler glaubwürdig umsetzen. Mit Suzanne von Borsody und Guntbert Warns hatte das Renaissance-Theater Berlin die richtige Auswahl getroffen. Dass die Konzertdirektion Landgraf die Inszenierung auf Tour schickt, ist ein Glücksfall für das Publikum abseits der großen Bühnen, das so in den Genuss eines großartigen Kammerspiels kam.

Grandioses Theater, großer Applaus.
"Der letzte Vorhang" spielt auf der Probenbühne, doch es wird nicht nur ein Stück geprobt, sondern auch die Lebensentwürfe der Darsteller werden auf die Probe gestellt. Den besonderen Charme erhält die Inszenierung dadurch, dass Rückblenden, Fragmente aus dem zu probenden Theaterstück (das an "Wer hat Angst vor Virginia Woolf" erinnert) und das reale Leben der beiden Protagonisten Lies und Richard immer wieder ineinander übergehen und es manchmal erst nach mehreren Sätzen klar ist, auf welcher Ebene gerade gespielt wird und wer gerade welche Rolle spielt. Spielt Lies gerade Kate, die trunksüchtige Protagonistin des Probenstücks, oder äfft sie Jojanneke nach, das weinerliche Schauspielerinnen-Wrack, das neben dem kraftstrotzenden Großmimen Richard nicht bestehen konnte? Dieser ist über die Jahre zum Zyniker und Alkoholiker geworden. Und Lies muss sich die Frage stellen lassen, ob sie aus Angst vor der Herausforderung in die bequeme Ehe mit einem reichen Gynäkologen und Kunstsammler geflohen ist. Lies und Richard verstehen sich auf einer existentiellen Ebene, eine Beziehung, die so nah wie zerstörerisch ist.

Aber es gibt auch viele komische Szenen im Stück, so die gespielte Erinnerung an einen durchzechten, glücklichen Premierenabend, der gleichwohl – und das macht vielleicht auch die Faszination dieses Theaterabends aus – immer ein Tanz auf Messers Schneide ist. "Hol deinen Mantel, wir gehen", sagt Lies zu Richard im zu probenden Stück. "Und wir sind gegangen", sagt Richard in der Erinnerung an die gemeinsame Zeit am Theater. "Wir gingen", nimmt Lies den Faden im gespielten Heute wieder auf. Grandioses Theater, großer Applaus.

Quelle: Badische Zeitung

Reigen aus Zerfleischung und Annäherung

Mittwoch, 26. Februar 2014

Stadttheater - Suzanne von Borsody und Guntbert Warns glänzen in "Der letzte Vorhang"
Um die Aufarbeitung einer Beziehung drehte sich das Kammerspiel "Der letzte Vorhang" von Maria Goos, das vor ausverkauftem Haus am Montag im Stadttheater zu sehen war. Bestleistungen zeigten Suzanne von Borsody und Guntbert Warns als in die Jahre gekommene Schauspieler.
Zehn Jahre lang haben sie sich nicht mehr gesehen und finden nun zusammen, um dasselbe Stück einzuproben, mit dem sie vor 30 Jahren ihre Schauspielausbildung beendeten.
Lies und Richard, die Namen lehnen sich bewusst an Liz Taylor und Richard Burton an, kennen nicht nur den Inhalt des Stücks, das sie erneut auf die Bühne bringen wollen. Sie kennen auch ihr Gegenüber mit allen Stärken und Schwächen. Eine kurze Liaison gab es einst. Doch beide entschieden sich für ein Leben ohne den anderen. Und während Richard sich dem Alkohol, dem Selbstmitleid und der Selbstverliebtheit hingibt, hat die begnadete Schauspielerin Lies sich einen Gynäkologen als Ehemann erwählt und lebt ein völlig unspektakuläres Leben. Wenn von dem "ausgeblichenen Wintermantel mit abgerissenen Knöpfen" im Stück die Rede ist, funktioniert der Vergleich mehrfach. Denn er bezieht sich auf die Rolle, Richard selbst und auch die eingefahrene Normalität, für die Lies sich entschieden hat.
Ist es Fiktion oder Realität, Spiel oder Alltag, Vergangenheit oder Gegenwart, die das Publikum im Stadttheater gezeigt bekommt? Die Sprünge sind schnell und ohne Vorwarnung. Suzanne von Borsody wechselt in Sekunden ihren Charakter, spielt Kolleginnen, die für das Stück vorgesehen waren und die vor ihrem männlichen und unausstehlichen Gegenpart flohen.
Auch Guntbert Warns verkörpert Richard und viele andere, wechselt unter Zuhilfenahme von Mimik und Stimmenmodulation vom Säufer zum smarten Ehemann. "Wir sind die emotionale Elite", brüllt Richard sein Credo in die Welt, und Lies entgegnet: "Wir sind dressierte Affen". Nein, nett sind sie nicht zueinander, und doch ist da ein Reiz, der in all den Jahren nicht verloren ging. Idealismus und Selbstüberschätzung treffen auf das Bedürfnis nach Geborgenheit. Was ist gespielt und was echt, wenn Schauspieler Schauspieler spielen? Und wo beginnt das, was die Akteure vereint und entzweit? Dem Zuschauer wird der Zugang nicht leicht gemacht. Doch wer bis zum Ende ausharrte - leider nicht alle im Publikum - der begriff den Reigen aus Zerfleischung und Annäherung, die Zweifel, ob die Entscheidungen, den anderen zu verlassen, richtig waren.
Unsympathisch sind die beiden Charaktere, gereift und von der Zeit zerschlissen, jedoch großartig verkörpert durch von Borsody und Warns. Für ihre Darstellung erhielt Suzanne von Borsody 2012 den "Goldenen Vorhang", den Publikumspreis des Berliner Theaterclubs.
"Wir lebten schnell und wild, bis alles vorüber war", so der passende Rückblick. "Sollen wir nicht aufhören, uns einander immer wieder anzutun", ein passendes Fazit. Ein menschliches Drama fand auf der Bühne statt, das schwer verdaubar blieb, auch nach dem letzten Vorhang. Dies nicht zuletzt durch die großartigen Leistungen der beiden Akteure an diesem Abend. 

Quelle: Echo

Theater im Theater

Montag, 24. Februar 2014

Villingen-Schwenningen (tri). Wie viel Wandlungsfähigkeit verlangt das Stück "Der letzte Vorhang" der niederländischen Autorin Maria Goos von den zwei Darstellern! Die Produktion des Renaissance-Theaters Berlin überzeugte durch lebensechte Intensität. Für großartige schauspielerische Leistungen dankte das Publikum im Villinger Theater am Ring mit lang anhaltendem Applaus.

Theater im Theater: Die Hassliebe eines Paares soll aufgeführt werden; der anspruchsvolle, aber alkoholkranke Schauspieler Richard van Berkhoven (Guntbert Warns) verlangt viel von seiner Partnerin, und Suzanne von Borsody zeigt zunächst, wie die schlechte Schauspielerin Julianeke die Rolle erbärmlich schlecht spielt und dafür mit Schimpf und Schande gefeuert wird.

Aber zur Premiere in zwei Wochen braucht man eine andere, und Liz, die das Stück vor zehn Jahren mit Richard spielte, findet sich bereit - erstaunlich, wie sich Suzanne von Borsody mit einem Handgriff in eine völlig andere Frau verwandelt! Und sie spielt alle Schattierungen ihre Verhältnisses zu Richard: die kollegiale Zuneigung zu dem durch den Alkohol fast ruinierten Mann, eine reflektierte Liebe, aber vor allem ihre Leidenschaft zum Theater. Dem hatte sie vor zehn Jahren entsagt und einen wohlhabenden Gynäkologen geheiratet, mit ihm ein sorgenfreies bürgerliches Leben in einer Villa in Südfrankreich geführt; jetzt will sie ihre alte Leidenschaft für das Theater nicht länger unterdrücken. Und so sieht das Publikum die Eingangsszene ein zweites Mal - jetzt von einer hervorragenden Künstlerin großartig gespielt.

Aber das Spiel lässt sich vom wahren Leben nicht trennen: Wer steht ihr jetzt näher, ihr Partner oder ihr Ehemann, der Arzt? Jetzt ist es an Richard, den ihm verhassten Arzt und Kunstsammler spielend zu parodieren, dabei ganz in dessen Rolle zu schlüpfen. Als Richard und Liz miteinander abgehen, bleibt in der Schwebe, ob die alte Liebe zu neuem Leben erwacht ist.

Nach der Pause blendet das Stück um 30 Jahre zurück - betrunken nach gerade bestandenem Diplom, beschwingt im Liebesglück am Beginn einer 20 Jahre währenden spannungsreichen Partnerschaft. Aber Richard erfuhr nicht, dass Liz ein gemeinsames Kind verlor; seine selbstherrliche und unbeherrschte Art führte zur Trennung.

Und jetzt? Was ist Liebe? Das Programmheft zitiert Peter Handke: "Liebe sollte kühn machen und immer in Distanz bleiben, dem anderen Würde lassen. Eine heroische Distanz, die auch eine Art Verehrung des einen für den andren ist und gleichzeitig eine Art Strenge."

Im Wissen um Richards Schwäche lässt Liz ihn ziehen, ergibt sich der Verehrung des Arztes, gerade weil der verarmt und dadurch bescheiden geworden ist.

Szenen eines Privatinfernos

Freitag, 21. Februar 2014

21.02.2014 - Fuldaer Zeitung (zum vergrößern bitte anklicken)

Raffiniert gestrickte Tragikkomödie

Der Abend wird ein wunderbarer. Und er kann es nur werden, weil ihn mit Suzanne von Borsody und Guntbert Warns zwei kongeniale Schauspieler gestalten. "Der letzte Vorhang" von Maria Goos ist eine ziemlich raffiniert gestrickte Tragikkomödie auf mehreren Ebenen und es bedarf höchster Präzision, die verschiedenen Handlungsfäden zusammenzuhalten.
Es beginnt schon ein wenig verstörend, wenn die Borsody ein greinendes enervierendes Etwas gibt, das bei den Proben für ein Stück den Partner beinahe in den Wahnsinn treibt und jämmerlich scheitert. Aber das Ganze ist nur Theater im Theater. Das Etwas wird nur gespielt, gespielt von Lies, die lange Zeit zusammen mit Richard ein erfolgreiches Paar auf der Bühne und ein wenig auch im Leben war und nun noch einmal mit ihm auf die Bühne soll, um das Stück doch noch zu retten.
Nach der Schauspielschule waren die beiden gemeinsam sehr erfolgreich. Dann ist Lies nach Südafrika gegangen, hat einen vermögenden Gynäkologen geheiratet, während Richard weiter durch die Lande tingelte und sich vor allem flüssig ernährte. Jetzt ist er ziemlich am Ende, sucht noch einmal den Erfolg. Und den will wohl auch Lies, der das bürgerliche Leben mit dem trögen Ehemann über ist.
Aber auf der rein professionellen Schiene wird das neue Miteinander nicht glücken. Denn Lies und Richard (man denkt sofort an Liz Taylor und Richard Burton) lieben sich wohl immer noch. Während der Proben kommt die Erinnerung. Die Inszenierung von Antonia Uitdehaag für das Renaissance Theater Berlin arbeitet dazu mit einer nahtlosen Überblendtechnik zwischen Gegenwart und Vergangenheit, die dem Zuschauer schon einiges an Konzentration abverlangt.
Zu sehen sind Szenen voller Witz und Komik, die urplötzlich ins Ernste, ja Melancholische umschlagen. Warns gibt den saufenden größenwahnsinnigen Kotzbrocken, den eitlen Schwadroneur, den sein Sarkasmus hat einsam werden lassen. Borsodys Lies hat jedoch die Kraft, dem etwas entgegenzusetzen. Schlagfertig mit scharfem Verstand und voller Humor. Umwerfend die Szene, in der beide mit viel Körpereinsatz und ungeheurer Spielfreude eine irrwitzige Trunkenheitsfahrt nachspielen, die in ihrer wohl einzigen gemeinsamen Nacht endete.
Da werden Funken geschlagen, die in den gut besetzten Zuschauerraum überspringen. Großer Applaus. Karl-Heinz Körblein

Quelle: Mainpost

Die Liebe und der Suff ... "Der letzte Vorhang" zerrt gekonnt an den Nerven

Donnerstag, 20. Februar 2014

FULDA - Variationen zum altbekannten und immer neuen Thema "Die Liebe und der Suff reiben den Menschen uff" durfte das Publikum gestern Abend im bis auf den letzten Platz gefüllten Fuldaer Schlosstheater erleben. Aber langweilig war es nicht eine Sekunde. Das lag zuallererst an zwei Vollblutschauspielern, die sich glücklicherweise auf Augenhöhe gegenseitig mit Verve an die Wand spielen: Suzanne von Borsody und Guntbert Warns verkörpern in der deutschsprachigen Erstaufführung des 2000 in Amsterdam uraufgeführten Stücks nicht nur ein durch alte Leidenschaft aneinander gekettetes Paar, sondern gleich noch ein halbes Dutzend weiterer Figuren einschließlich sich selbst in der Vergangenheit.

Der doppelte Jumpschnalp
Gelungen grauenhaft gleich der Einstieg: die erste Szene auf der karg möblierten Bühne zeigte eine jämmerliche Heulsuse sich auf dem Sofa windend mit unerträglichem Diskant ihren unwirschen Partner annölend - das Unbehagen über diese desaströse Darstellerin ließ die Zuschauer förmlich frösteln. "Ich dachte, wenn die so weiter macht, muss ich gehen, das halte ich nicht aus", fasste eine Zuschauerin das kollektive Entsetzen in Worte. Doch auf dem Gipfel der unerträglichen Litanei erlöste die abrupt folgende Wandlung: Suzanne von Borsody, zweifellos eine begabte und hoch talentierte Schauspielerin spielt hier Lies, eine ebensolche Darstellerin, die zum Vergnügen ihre grottenschlechte, völlig talentfreie Kollegin Jojanneke nachmacht - der doppelte Jumpschnalp schlechthin.

Dass der Plot von Maria Goos gleichzeitig genauso einfach wie kompliziert ist, hält den Spannungsbogen mühelos über zwei Stunden aufrecht. Manchmal ist es in den explosiven Dialogpausen so atemlos (und husten-)still, dass man die Lüftung im Theater rauschen hört – ein seltenes Phänomen.

Wie in eigentlich jedem Drama nach 1962, das die Crux von Paarbeziehungen thematisiert, schimmert zwangsläufig auch hier Albees "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?" durch - noch bewusst unterstrichen durch die Namen der Protagonisten Lies (Taylor) und Richard (Burton). Unsere beiden galten einst als als Dreamteam der Bühne und brillierten mit einem Beziehungsstück, das wiederum dem von Edward Albee nachempfunden zu sein scheint. Diese Bühnenliebe wurde zehn Jahre zuvor offenbar Knall auf Fall beendet - Lies hatte geheiratet und war zu ihrem begüterten Gynäkologen-Gatten nach Südfrankreich gezogen. Jetzt folgt sie einem verzweifelten Hilferuf Richards, der mit seinem Zynismus und Alkoholexzessen noch jede potentielle Bühnenpartnerin vertrieben hat. Noch ein letztes Mal wollen sie gemeinsam das Paar aus dem Erfolgsstück - und einen Teil ihrer Vergangenheit - wiederbeleben.

Der flotte Wechsel zwischen todernsten Philosophieexkursen und brüllkomischen Slapstick-Einlagen erfordert genau die Bühnenpräsenz und das Timing, die von Borsody und Warns zu den Könnern ihrer Zunft machen. Allein was alles im Dunkeln hinter der Sofalehne - und damit ausschließlich in der zum Blühen gebrachten Phantasie der Zuschauer stattfindet, spottet der Beschreibung. Der Hund haart, Richard erbricht sich, der "Muschidoktor" alias Lies' Gatte materialisiert sich aufs Beleidigendste. Lies ist immer noch die Frau, deren Lache Polizeipferde zum Durchgehen bringt, doch Richard kann an ihrer trügerisch-langweiligen Provence-Idylle herummäkeln, wie er will: sie ist erwachsen geworden - er wird es nie.

Es gibt nicht viele Stücke, die man in derselben Besetzung und Inszenierung nochmal sehen möchte, um wirklich jede Volte und Pointe mitzubekommen. Der letzte Vorhang gehört definitiv dazu.+++ Carla Ihle-Becker

Quelle: Osthessen-News

Große Schauspielkunst!

Mittwoch, 19. Februar 2014

Von Brigitte Gaiser
Suzanne von Borsody und Guntbert Warns begeistern vor ausverkauftem Kurtheater 
Suzanne von Borsody und Guntbert Warns bescherten am Montag mit "Der letzte Vorhang" von Maria Goos dem Kurtheater ein volles Haus, den Zuschauern neben heiteren Momenten auch vieles zum Nachdenken


Bad Homburg. Als Lies und Richard trafen am Montag Suzanne von Borsody und Guntbert Warns im Kurtheater zusammen in ihrer Rolle als Schauspieler, die zwanzig Jahre lang erfolgreich zusammengearbeitet hatten, sich nun aber seit zehn Jahren nicht gesehen haben. Vor der Tiefgarage des Kurhauses kam es kurz vor Vorstellungsbeginn zu Staus, da eine weitere große Veranstaltung im Kurhaus noch nicht geendet hatte; außerdem dürfte die Sperrung der Haingasse ihr Übriges zum Verkehrsaufkommen getan haben. Immerhin: Ins ausverkaufte Kurtheater schafften es die Besucher dann doch noch pünktlich.
Mit Piepsstimmchen agierte Lies auf dem Ledersofa umher, ahmte karikierend Richards vorige Bühnenpartnerin nach und war noch nicht entschlossen, Richard zu helfen. Er hatte weitergespielt, im Laufe der Jahre aber immer mehr schlecht als recht. Alkohol und Größenwahn hatten ihn so unleidlich gemacht, dass er die letzten beiden Darstellerinnen vergrault hatte und nun vor dem Ruin stand.
Sie hatte damals ihre Karriere abgebrochen, einen gut verdienenden Arzt geheiratet und lebte mit ihm an der Côte d’Azur. Nur Lies konnte ihn jetzt noch retten, hatten sie doch ihren Abschluss an der Schauspielschule damals mit Furore eben mit diesem Stück gemacht. Noch war sie nicht entschlossen, ihm aus der Patsche zu helfen.
Große Schauspielkunst zeigten von Borsody und Warns, wenn sie scheinbar mühelos von einer Ebene in die andere des von der Autorin Maria Goos raffiniert komponierten Stückes wechselten. Sie loteten sich gegenseitig aus in der aktuellen Befindlichkeit, tauchten ein in Erinnerungen an die gemeinsame Arbeit, an schöne Momente. Was damals unbewältigt war, brach jetzt auf, es gab Vorwürfe, Attacken und auch blanke Eifersucht seinerseits auf das bequeme Leben der reichen Arztgattin. Die kläglichen Versuche, zurückzukehren zum Anlass ihrer neuerlichen Begegnung, nämlich an ihren Rollen zu arbeiten, nachdem Lies endlich ihre Zusage zur Mitwirkung gegeben hatte, scheiterten jeweils nach kurzen Anläufen. Die Spannung war zu groß.
Ohne weitere Kulisse, nur zwischen Ledersofa und Tisch, mit nichts in der Hand außer mal einem Glas, einer Flasche, Zigarette oder Tablettenschachtel, verstanden es von Borsody und Warns, den Spannungsbogen unentwegt immer weiter aufzubauen. Außer in einer kurzen Affäre hatten sie ihre Zuneigung nicht gelebt. Hatten sie sich damals richtig entschieden?
Die Premiere war vorüber. Richard fühlte sich durch den Mann in der dritten Reihe so gestört, dass er schließlich nicht mehr mit seiner Partnerin auf der Bühne stand, sondern mit dessen Frau. Lies wollte, dass er mit zur Premierenfeier kommt. Er musste noch Zigaretten holen. Sie: "Geh nicht weg - es war doch schön." Er: "Eben." Die Tür fällt ins Schloss. Warns kommt mit gelbem Pullover über den Schultern als Lies’ Ehemann mit Blumen und nimmt seine Gattin mit. Tosender Beifall für diese große Leistung.

Quelle: Taunus Zeitung

"Der letzte Vorhang" - ein Zwei-Personen-Stück der Sonderklasse im Stadttheater

Montag, 17. Februar 2014

Fesselndes Spiel um Identitäten
VON JOCHEN LEWIN
Minden (jol). Ein sogar bis zu den Stehplätzen gefülltes Stadttheater ließ erahnen, dass bekannte Schauspieler zu sehen waren: Suzanne von Borsody und Guntbert Warns fesselten mit ihrer Darstellung zweier Schauspieler, die es nach Jahren noch einmal (auf der Bühne) zusammen versuchen.

Suzanne von Borsody und Guntbert Warns faszinieren
in Rollen, die Rollen spielen. | Foto: Jochen Lewin
Auch wenn große Namen kein Garant für großes Theater sind, boten von Borsody und Warns intensives Theater der Sonderklasse. Die beiden Theatergrößen Lies(beth) und Richard zieht es nach Jahrzehnten wieder gemeinsam auf die Bühne, die Lies vor langer Zeit zugunsten eines ruhigen, geregelten Lebens als Ehefrau eines reichen Arztes verlassen hat. Denn Richard ist kurz vor der Premiere seine jüngere, aber unbegabte Bühnenpartnerin abgesprungen.

Ob Lies ihn bzw. seine Produktion rettet, weil sie es als Einzige mit dem dominanten, egozentrischen Richard aushält, oder ob er sie davor rettet, in ihrem öden, unerfüllten Ehefrauendasein zu versauern, bleibt bis zum Schluss umstritten.

So ein Stück bietet zwei gestandenen Schauspielern zweifellos eine ideale "Spielwiese". Die beiden räsonieren über die Bedeutung dieses in Vielem besonderen Berufes. Ob die gemeinsamen Bühnenjahre "eine schöne Zeit" oder "ein ganzes Leben" waren, zeigt ihre Einstellung: Richard hält Schauspieler ganz sendungsbewusst für die "emotionale Elite", "die Wahrheit verkünden, verpackt in Illusionen" - Lies dagegen eher für "dressierte Affen".

Dass die Wahrheit in diesem Fall nicht dazwischen, sondern in beidem zugleich liegt, entlarvt das permanente (Macht-)Spiel unterhaltsam, witzig und schonungslos.

Das Stück lässt aber auch Spielraum, das Leben von Lies und Richard immer wieder in kleinen Szenen und meist karikierenden Rollen nachzuspielen. Das ist manchmal bös-ironisches lästernd, dann aber plötzlich auch brutal entwürdigend, wenn beispielsweise Richard Lies´ Ehepartner - und damit ihr derzeitiges Leben - persiflierend bloßstellt.

Realität wird immer mehr zur Illusion

Indem die Figuren ihre Realität nachspielen, geschieht noch mehr: Ihre Wirklichkeit wird zunehmend zur Illusion, ihre Person immer mehr zur Rolle. Statt zweier Schauspielgrößen stehen dort zwei Figuren, deren Persönlichkeiten - borderline-typisch - instabil und inkohärent erscheinen.

Dieses vielschichtige und für den Zuschauer immer wieder überraschende Spiel mit Rolle und "Realität" gestalten von Borsody und Warns nuancen- und variantenreich. Dieser Kampf zweier starker, aber verletzbarer Persönlichkeiten ist wirkliche Schauspielkunst, keine Frage. Sie wird unterstützt von einer ideenreichen Regie (Antoine Uitdehaag), die immer wieder mit vielen (symbolhaften) Details aufwartet, die eben nötig sind, um ein Zwei-Personen-Stück über fast zwei Stunden spannend und fesselnd zu halten.

Dass lediglich die obligate Schlusstragik, die Läuterung der Figuren, theatralisch und wenig nahbar ausfällt, ist schade, lässt sich aber als Zeichen dafür interpretieren, dass Lies und Richard eben auch in solchen Situationen nicht imstande sind, ihre Rollen zu verlassen und sie selbst zu sein.

Dann bleibt es zweifellos der große Theaterabend, der vollauf zurecht lang anhaltenden Applaus bekommt.

Quelle: Mindener Tageblatt

Quoten "Die Himmelsstürmer"

Samstag, 15. Februar 2014

2,93 Millionen Zuschauer sahen gestern Abend nach dem Brennpunkt (daher leider Sendezeitverschiebung) Suzanne von Borsody als Maxi in dem Film "Die Himmelsstürmer". Das entspricht einem Marktanteil von 10,2 %.

© Bavaria Fernsehproduktion/ARD Degeto/Erika Hauri

Schlagabtausch auf dem Sofa

Donnerstag, 13. Februar 2014

LÜDENSCHEID -  Die Ebenen und Zeiten vermischten sich in Windeseile. Und wer nicht aufmerksam genug dabei blieb, konnte da schon mal den Faden verlieren: Donnerstagabend zeigten Suzanne von Borsody und Guntbert Warns in deutschsprachiger Erstaufführung das Stück "Der letzte Vorhang".
Von Jutta Rudewig

Ein alternder Schauspieler. Richard. Exzentrisch, alkoholabhängig. Alle hat er vergrault, und nun droht eine Premiere zu platzen. Da taucht seine ehemalige Partnerin Lies auf, die vor Jahren einen Gynäkologen heiratete und mit ihm nach Frankreich zog, einzig, um sich dem Bann Richards zu entziehen. Alte Wunden brechen auf.

Für Warns und von Borsody bot die Inszenierung nahezu perfektes Rollenfutter. Raffinierte Dialoge, ein verbaler Schlagabtausch rund um ein hochglanz-poliertes Chesterfield-Sofa als marginale Bühnenausstattung und dazu zwei glänzende Charakterdarsteller gaben dem Theaterabend die nötige Würze, wenn auch die Ausgangssituation ein wenig konstruiert war. Richard und Lies wechselten im Steilflug von der Vergangenheit in die Gegenwart, vom Theater ins Theater, von Lebenslügen zur Realität. Temperamentvoll vor allem Guntbert Warns, der mal seine, mal die Rolle des Gynäkologen spielte, um dann wieder in Erinnerungen zu schwelgen an die Zeiten, in denen Lies für ihn in der heruntergekommenen Kneipe von Wim und Anni auf dem Tisch tanzte.

Während der erste Akt voller komischer, mitunter aber auch in die Länge gezogener Dialoge steckte, offenbarte der zweite Teil der Inszenierung dann die ganze Tragik der Beziehung zwischen Richard und Lies, die schließlich mit Richard abschließt und ihrem Mann wieder an die Cote d’Azur folgt. Ein fesselndes Theaterstück, das das Publikum im fast voll besetzten Saal mit lang anhaltendem Applaus belohnte.

Quelle: come-on.de

Ein emotionales Machtspiel

Freitag, 7. Februar 2014

Ein emotionales Machtspiel 
Emmerich. Lies (glänzend: Suzanne von Borsody) und Richard (herausragend: Guntbert Warns) waren auf der Bühne einst ein Traumpaar, hatten privat eine Liebschaft. Dann heiratete Lies, zog fort, Richard blieb dem Theater treu. Nun braucht er Lies, denn es steht eine Premiere an, und er hat zwei Kolleginnen mit seiner Arroganz vergrault. Lies kennt das Stück schon, damit haben beide vor 30 Jahren ihr Schauspiel-Diplom gemacht. Also reist sie von der 1400 Kilometer entfernten Côte d’Azur an, wo sie mit ihrem wohlhabenden Mann ein ruhiges Leben führt, um die Aufführung ihres früheren Partners zu retten.
Zwischen zwei Männern
Er war ihre große Liebe, sie verließ ihn wegen seiner Alkoholexzesse. Die Proben arten zu einem emotionalen Machtspiel aus. Die Vergangenheit holt sie ein. Erinnerungen werden wach, etwa an eine lustig- trunkene Autofahrt. Lies zweifelt, ob ihr Leben das Richtige ist. Deutlich wird, dass es nicht um einen alkoholsüchtigen Schauspieler, sondern um die Lebensentscheidung einer Frau geht: um ihre Zerrissenheit zwischen zwei Männern.

Die Zuschauer im ausverkauften Theater erlebten mit „Der letzte Vorhang“ ein amüsant bis tiefsinnig gehendes Stück der Niederländerin Maria Goos, das Antoine Uitdehaag am Berliner Renaissance- Theater inszeniert hat. Die Bühne ist lediglich mit einem Ledersofa, einem Tisch und Scheinwerfern ausstaffiert. Ebenen und Zeiten, Rollen und Gefühle mischen sich. Das Stück spielt im Heute und in der Vergangenheit, die zehn bzw. 30 Jahre zurück liegt. Da fragt sich der Theaterbesucher oft: Was ist Fiktion, was Realität? Was war gestern, was ist heute, was passiert als nächstes? Die Übergänge sind textlich abrupt, werden aber großartig beiläufig gespielt. Private Unterhaltung vermengt sich mit Probentext. Alles erinnert an die Eheschlacht zwischen Liz Taylor und Richard Burton in "Wer hat Angst vor Virginia Woolf?"

Nach zwei spannenden und unterhaltsamen Stunden fällt die Entscheidung: Auch wenn Lies feststellt, dass es gut gelaufen ist, so zieht sie doch Ruhe und Frieden im Privatleben einer Bühnenkarriere vor. Nicht ohne sich von Richard zu verabschieden: "Es war schön, meine Liebe."

Quelle: WAZ

Auf Theatertournee mit "Der letzte Vorhang"

Samstag, 1. Februar 2014

Von heute (01.02.) bis zum 08.03. ist Suzanne von Borsody gemeinsam mit Guntbert Warns auf großer Theatertournee durch ganz Deutschland.